Gesellschaft Schweiz-Israel: Dialog – Verständnis – Freundschaft

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Titel
Dialog, Verständnis, Freundschaft – Dialogue, compréhension mutuelle, amitié. 50 Jahre Gesellschaft Schweiz-Israel – L'Association Suisse-Israël a 50 ans


Herausgeber
Gesellschaft Schweiz-Israel
Erschienen
Zürich 2007: Chronos Verlag
Anzahl Seiten
174 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Patrick Zehnder

Es ist immer zu begrüssen, wenn schweizweit aktive Organisationen und Gesellschaften Festschriften herausgeben. Sie ermöglichen es, den bisherigen Weg zu dokumentieren und eine Standortbestimmung vorzunehmen. Nicht selten erlaubt die Lektüre einen vertieften Einblick in das Selbstverständnis der betreffenden Vereinigung. Dies alles trifft auf die Festschrift zum 50-jährigen Bestehen der Gesellschaft Schweiz-Israel (GSI) zu. Trotz einer schwierigen Überlieferungssituation versammelt sie Informationen, die weit verstreut anzutreffen sind. Ein zentrales Archiv der GSI fehlt. Als Projektleiter der Publikation wies denn der Theologe und Historiker Zsolt Keller anlässlich der Jubiläumsfeier nicht ohne Schalk darauf hin, dass die dreizehn Fichen der Schweizerischen Bundesanwaltschaft von der Gründung 1957 bis 1988 die vollständigste Liste der von den einzelnen Sektionen und dem Zentralsekretariat der GSI organisierten Anlässe darstellen. Die Feierlichkeiten fanden am 9. Dezember 2007 in der Tonhalle Zürich im Beisein von Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey und des israelischen Sozialministers Isaac Herzog statt, deren Präsenz die Bedeutung und Ausstrahlung der GSI unterstreicht.

Die Festschrift vereinigt sechs Beiträge von zwei Autorinnen und vier Autoren in deutscher und französischer Sprache, versehen mit einer Grussadresse der Zürcher Nationalrätin Vreni Müller-Hemmi, die die GSI seit 2000 präsidiert. Die Zweisprachigkeit macht eine weitere Qualität der Publikation aus. Insbesondere weil der Blick über die Sprachgrenze auch einen (graduellen) Perspektivenwechsel erlaubt und deshalb bereichernd ist. Namentlich die historisch ausgerichteten Artikel von Joelle Isler, Chefredaktorin der Genfer «Revue Juive», und Zsolt Keller beleuchten aus Genfer respektive Zürcher Warte die fünfzig Jahre währende Arbeit der zwölf Sektionen mit zwischenzeitlich 5000 Mitgliedern (1987). Die jüngste GSISektion wurde 2006 in der Ostschweiz gegründet und allein sie gewann seither 60 neue Mitglieder. Auch die Sektionen im französischsprachigen Landesteil verstärkten seit der Jahrtausendwende ihre Aktivitäten. War die GSI anfänglich von einer «kritischen Solidarität», später von der Idee einer «pragmatischen Freundschaft » geprägt, so steht heute die friedliche «Koexistenz» von Israel und Palästina im Vordergrund des Engagements. Dieses besteht aus Vortragsreihen, Studienreisen und einem ausgebauten Informationsdienst. Ganz grundsätzlich wurde und wird um Verständnis für Israel und seine Schwierigkeiten geworben.

Die Beiträge von Artur K. Vogel, Christina Späti und Jonathan Kreutner rollen ebenfalls die letzten fünfzig Jahre auf. Daran wird deutlich, dass die im Nachgang zur Suezkrise von 1956 gegründete GSI von Anfang an den Stürmen der Zeit ausgesetzt war. Augenfällig wird dies am Wandel der öffentlichen Meinung: Schöpfte man in der Schweiz angesichts des Kalten Krieges anfänglich aus den Gemeinsamkeiten als bedrohte Kleinstaaten die volle Unterstützung des jungen Staates Israel, auch während der israelisch-arabischen Kriege vom Juni 1967 und Oktober 1973. Erst im Laufe der 1970er Jahre bekam die schweizerisch-israelische Beziehung Risse. Als Wendepunkt hin zur «kritischen Begleitung» gilt der Libanonfeldzug von 1982. Diese Haltung hat über die Epochenschwelle von 1989/91 hinweg Bestand.

Der lesenswerte Essay des Basler Professors Jacques Picard (in zwei Sprachen abgedruckt) verfolgt weniger einen deskriptiven als einen analytischen Ansatz. Er legt Wert darauf, dass es völkerrechtliche Regelungen waren, die im Mai 1948 zur Ausrufung und damit Gründung des Staates Israel führten. Folgerichtig sollten die Konflikte und Schwierigkeiten im Nahen Osten auch einer völkerrechtlich begründeten und damit langfristigen Lösung und zugeführt werden. Ein Dutzend Fotografien illustrieren die Aktivitäten der GSI im letzten Vierteljahrhundert. Das Bild des Krankenwagens, den die Genfer GSI-Sektion im Jahre 1981 der Universität Haifa schenkte, hätte das Zeug zum Titelbild gehabt. Im Annex findet sich zudem das aktuelle Leitbild der GSI. Ein Ausbau des Anhangs wäre wünschenswert gewesen, etwa mit einer Ämterliste sowie statistischen Angaben zur Entwicklung der Mitgliederzahlen, zu den Gründungsjahren der einzelnen Sektionen. Damit wäre der dokumentarische Charakter der Publikation unterstrichen worden.

Zitierweise:
Patrick Zehnder: Rezension zu: Gesellschaft Schweiz-Israel (Hg.): Dialog – Verständnis – Freundschaft, 50 Jahre Gesellschaft Schweiz-Israel; Dialogue – Compréhension mutuelle – Amitié, L’Association Suisse-Israël a 50 ans. Zürich, Chronos, 2007. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 58 Nr. 2, 2008, 200 S. 239-240.

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Zuerst veröffentlicht in

Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 58 Nr. 2, 2008, 200 S. 239-240.

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